Mehr #liebegewinnt – Bislang über 66 Gottesdienste und ein historisches Video

Pressemitteilung

Eine Woche vor dem 10. Mai freuen sich die Initiator:innen auf die Neuauflage der Segnungsgottesdienste. In diesem Jahr dabei: eine Bischofskirche. Mit dem Video einer besonderen Begegnung soll stellvertretend Raum gegeben werden für die Geschichten queerer Paare in der Kirche: der Queerbeauftragte der DBK, Weihbischof Ludger Schepers, besuchte am Montag ein gleichgeschlechtliches Paar in Essen und sie sprachen über deren Beziehung.

Die Segnungsgottesdienste um den 10. Mai 2021 fanden weltweit Aufmerksamkeit. Als Graswurzelbewegung katholischer Gläubiger aus Deutschland gestartet, sind in Reaktion auf das Segnungsverbot des Vatikans zahlreiche Gesprächs- und auch Entscheidungsprozesse auf vielen Ebenen innerhalb der katholischen Kirche im Laufe des Jahres in Gang gekommen. Die Aktion #OutinChurch ragte dabei heraus und bestach durch die Kraft der persönlichen Zeugnisse queerer Menschen in der Kirche. Auch im Synodalen Weg fand das Thema nachhaltig Niederschlag. Was es bisher noch nicht gab: Das dokumentierte Gespräch eines Bischofs mit einem queeren Paar.

Bischöflicher Hausbesuch bei queerem Paar in Essen

Stellvertretend für die vielen Geschichten der Paare, die sich um den 10. Mai segnen lassen, haben die Initiator:innen daher gemeinsam mit Rainer Teuber und seinem Mann, Karl-Heinz Armeloh, den Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz für queere Pastoral, Weihbischof Ludger Schepers, eingeladen zu selbstgebackenem Käsekuchen und Kaffee, serviert im Regenbogenporzellan. Dieser historische bischöfliche „Hausbesuch“ fand am gestrigen Montag, 2. Mai, in der Wohnung des Paares im Essener Westen statt.

Schepers ist damit der einzige Bischof, der der Einladung der Initiator:innen gefolgt ist. Im Zuge von #OutinChurch hatte der Essener Weihbischof Anfang des Jahres deutliche Worte gefunden: „Alle Zeugnisse haben mich sehr betroffen, aber auch zornig gemacht, wie lieblos in der Kirche mit ihnen umgegangen worden ist.“ 

Ein halbes Dutzend deutscher Ortsbischöfe wurde angefragt für eine solche Begegnung, wie die, auf die der Queer-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz sich eingelassen hatte.

Rainer Teuber berichtet: „Wenngleich es eine ungewohnte Situation war, dass der Essener Weihbischof Ludger Schepers bei uns zuhause zu Gast war, ist genau das der richtige Weg: Miteinander sprechen und nicht übereinander. Karl-Heinz und ich haben für das kommende Jahr eine weitere Einladung ausgesprochen, um dann zu schauen, was sich im Hinblick auf die Initiativen #Liebegewinnt und #OutInChurch in der Zwischenzeit getan hat.“

Die Begegnung wurde von einem professionellen Team aufgezeichnet und befindet sich derzeit im Schnitt. Es wird ab Freitag über www.liebegewinnt.de und die sozialen Medien zugänglich sein. Einsicht in das Rohmaterial und Ausschnitte können zur Verwendung in der Presse ab Mittwoch angefragt werden über: info[at]liebegewinnt.de  

Zur Finanzierung der Dreharbeiten rufen die Initiator:innen seit Freitag zu Spenden auf (https://www.liebegewinnt.de/spenden/ ). „Wir bei #liebegewinnt sind komplett ehrenamtlich organisiert, aber gerade in diesen Zeiten wollen wir dem Filmteam einen fairen Lohn geben“, so Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm.

Magdeburg als Vorreiterin unter den Bischofskirchen

Die Spenden dienen auch der Erstellung und dem Versand von 2.000 Aufklebern mit dem Slogan „mehr #liebegewinnt“. Sie wurden verschickt an alle Gemeinden, die sich unter  https://www.liebegewinnt.de/gottesdienste/  mit ihrem Gottesdienst registriert haben.

Aktuell sind dort 66 Gottesdienste gelistet (zusätzlich fanden bereits Gottesdienste um den 14. Februar statt).

Mutig voran geht das Bistum Magdeburg: St. Sebastian wird die erste und bislang einzige Kathedralkirche in Deutschland sein, in der am 10. Mai um 19 Uhr ein Segnungsgottesdienst stattfindet. Während in bestimmten Diözesen gleich mehrere Gottesdienste von Gemeinden dezentral initiiert wurden, finden in anderen Bistümern gar keine statt und sind auch weiterhin von den Ordinariaten nicht gewollt, wie die Initiator:innen feststellen müssen.

Wie im vergangenen Jahr macht der Initiator:innenkreis keine inhaltlichen Vorgaben zur Gestaltung der Gottesdienste, sondern gibt auf seiner Homepage lediglich Anregungen. Auch in diesem Jahr finden neben Gottesdiensten in Präsenz erneut digitale Gottesdienste statt, bei denen sich Menschen auch jenseits ihres Heimatortes zusammenfinden können.

Ein Goodie von Katjes für die Paare

Fruchtbarer als die Anfrage bei den Bischöfen gestaltete sich eine Bitte beim Süßwarenkonzern Katjes. Während eine „#liebegewinnt-Ausgabe“ der Fruchtgummis der „Rainbow-Edition“ nicht realisierbar war, hat Katjes einen Rabattcode eingerichtet, mit dem die Gemeinden die Süßigkeiten in Regenbogen- und Liebe-Schriftzugform vergünstigt einkaufen können. Mit dem #liebegewinnt-Aufkleber versehen sind sie als „Goodie“ an die Segenspaare einsetzbar im Rahmen der Gottesdienste.

Auch wenn die Gottesdienste ebenso wie das Video als pastorale Handlungen für die queere Community innerhalb der katholischen Kirche verstanden werden wollen, sehen die Initiator*innen noch viel Arbeit bis zu einer ehrlichen Anerkennung queerer Menschen in der Kirche. Das Segensverbot wurde noch nicht zurückgenommen. Arbeitsrechtlich, pastoral und liturgisch wünschen sich die #liebegewinnt-Initiator:innen mehr Mut von ihrer Kirche, oder wie sie es in der Ankündigung der Neuauflage von #liebegewinnt im Februar als Slogan formulierten: „da ist noch viel offen“.

Zitate aus dem Initiator:innenkreis:

„Ich weiß, dass auch in bischöflichen Kreisen Segensfeiern als „Symbolhandlungen“ gesehen und gefordert werden. Und das in der Tat ist zu wenig. Ein Ende von Diskriminierung bedeutet auch die Möglichkeit einer kirchlichen Ehe für queere Menschen“, schreibt Pfarrer Bernd Mönkebüscher in einem längeren Blog-Beitrag auf der Aktions-Seite: https://www.liebegewinnt.de/2022/04/26/ein-jahr-liebegewinnt/ 

„Wir konnten gar nicht anders, als eine Neuauflage zu wagen. Wir bekamen so viele Anfragen aus dem In- und Ausland“, so Pfarrer Burkhard Hose, Mit-Initiator aus Würzburg.

„Das internationale Feedback war enorm. Ich habe gute Kontakte zu Brasilien und dort wurden wir z.T. gefeiert für unseren Mut“, so Pfarrer Carsten Leinhäuser aus Winnweiler.

„Mehr #liebegewinnt ist eine logische Fortführung von #OutInChurch. Denn nach den positiven Statements einzelner Bischöfe zu den Coming-Outs ihrer queeren Mitarbeitenden fehlen noch immer die konsequente rechtssichere Gleichstellung von LGBTIQ+ Personen in der Kirche so wie ein klares Bekenntnis zum Segen für queere Lebensformen“, erklärt Jens Ehebrecht-Zumsande aus Hamburg, Mit-Initiator von #OutInChurch und #liebegewinnt.

„Die Frage der Sexualmoral ist eine Entscheidende über das Wohl und Wehe der Kirchenzukunft“, so Professor Dr. Dr. Hubertus Lutterbach, Kirchenhistoriker in Essen und ebenfalls Teil des Initiator:innenteams.

„Das Engagement der kirchlichen Basis 2021 war beeindruckend. Sie hat Kreativität, Entschiedenheit und Verantwortungsübernahme gezeigt“, so Ursula Hahmann, Mit-Gründerin der Zeitfenster-Gemeinde in Aachen und Delegierte beim „Synodalen Weg“.

Herausragend 2021 war ein virtueller Zoom-Gottesdienst, bei dem hunderte Teilnehmende aus der ganzen Welt mitfeierten. Gertrude Knepper aus Bochum-Wattenscheid: „Wir feiern auch 2022 wieder online: Im Mai 2021 waren ein schwuler Christ aus Japan dabei, eine Transfrau aus Serbien und auch ein Paar aus Ecuador hatte sich zu unserem Segensgottesdienst dazu geschaltet.“

Hintergrund:

Am 10. Mai ist laut ökumenischem Heiligenlexikon einer der Gedenktage des Noah. Er ist in der Bibel der Stammvater aller Geschlechter. Gott sandte ihm den Regenbogen als Zeichen seines Bundes. Der Name Noah bedeutet übersetzt: der Ruhe Bringende, der Tröster. Im katholischen Heiligenkalender ist der 10. Mai der Gedenktag des Heiligen Damain De Veuster. Er ist der Schutzpatron der Aids-Patient:innen.

Die konzertierte Aktion zu den Segnungsgottesdiensten 2021 war in der katholischen Kirche bislang einmalig. Von der „Washington Post“ bis zum Chinesischen Staatsfernsehen: Weltweit sorgte dieses Bekenntnis aus der deutschen katholischen Kirchenbasis für eine Vielfalt der verschiedenen Lebensentwürfe und Liebesgeschichten von Menschen für Aufsehen.

Die Initiator:innen:

Jens Ehebrecht-Zumsande, Hamburg / Jörg Hagemann, Münster / Ursula Hahmann, Aachen / Burkhard Hose, Würzburg / Stefan Jürgens, Ahaus / Carsten Leinhäuser, Winnweiler / Prof. Dr. Dr. Hubertus Lutterbach, Osnabrück / Maria 2.0 Rheinland / Bernd Mönkebüscher, Hamm / Armin Nagel, Konstanz / Klaus Nelißen, Köln / Christian Olding, Geldern / Gertrude Knepper, Bochum-Wattenscheid / Christoph Simonsen, Mönchengladbach / Dr. Hans-Werner Thönnes, Bochum-Wattenscheid

Kontakt: info[at]liebegewinnt.de